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(März 2023)
Die Fastnacht ist schon längst vorbei. Schade. Ich bin zwar keine fanatische Fastnachterin, aber das Schöne an dieser 5. Jahreszeit ist für mich die bunte und verrückte Vielfalt an Maskeraden, Brillen, Perücken und sonstigen Kopfbedeckungen. Je weiter weg vom Normalen, desto schöner. Verkleidet bin ich dann nicht wirklich mein eigenes Ich. Ich sehe die Welt wie von aussen, ich höchstselbst bin also wie „ausser Dienst“. Das finde ich schön, fedrig leicht und befreiend. Die Verkleidung macht’s.
„Normale“ Kleidung begleitet und bekleidet uns in den restlichen Wochen des Jahres. Sie schützt wie eine zweite Haut vor Wetterfaktoren, vor Verletzungen und Blicken. Sie spiegelt auch gesellschaftliche Regeln, Modetrends, Stimmungen und eigenen Stil (gelegentlich auch Stillosigkeit). Durch bestimmte Kleidungsstücke können ganz bewusst Signale ausgesendet werden. Die Polizeiuniform, der weisse Kittel, der Talar machen aus dem Menschen zusätzlich einen Funktionsträger. Früher als Flugbegleiterin tätig gewesen, weiss ich, dass eine Uniform wie eine Schutzbarriere gegen Unfreundlichkeiten und Angriffe wirkt. Meine war glücklicherweise aber halbdurchlässig: Nettigkeiten kamen immer durch.
So eine semipermeable Haut hätte ich gerne im wahren Leben. Mich selber würde ich eher als dünnhäutig bezeichnen. Eine Uniform zu tragen fand ich daher angenehm, da ich schon kein dickes Fell von der Natur mitbekommen habe. So wie ein Bär. Oder ein Schaf (auch wenn mich möglicher- aber irrtümlicherweise manch eine/r für ein solches hält).
Aber besonders gut gefällt mir der Hut.
Hut ab vor diesem Kleidungsstück! Er hält sich tapfer und opulent auf hocherhobenen Häuptern an royalen Hochzeiten oder vornehmen Veranstaltungen, breitkrempig bei Waldgängern im Regen oder strohig bei Sonnenurlaubern. Dennoch sind HutträgerInnen selten geworden. Die Dame und der Herr in der Gesellschaft tragen den Hut nicht mehr so selbstverständlich wie früher. Kappe und Mütze haben ihn aus dem Strassenbild verdrängt.
Etwas, was ‚out‘ ist, ist ein alter Hut. Der Hut muss also wirklich auf der Hut sein, um nicht unterzugehen!
Klug vorausschauend hat er sich dafür aber im Sprachgebrauch unter allen Kleidungsstücken ganz oben platziert. Verbal präsent wie er ist keine Unterhose, kein Schuh und kein Hemd.
So schnell muss der Hut also nicht seinen Hut nehmen.
Der Hut tut uns gut. Er hilft uns beispielsweise, uns zu organisieren. Es ist zwar nicht immer einfach, aber möglich, alles unter einen Hut zu bekommen.
Und wie nett ist es von ihm, uns immer wieder das Gefühl zu geben, gut behütet zu sein. Dieses Wohlgefühl schaffen z.B. die Hose oder die Socke nicht. Gut behost zu sein klingt doof. Besockt zu sein klingt bekloppt. Auch der Schuh drückt sich nicht schön aus. Wenn der Schuh nämlich drückt, dann bedrückt uns etwas. Der Schuh sollte hierfür schamvoll sooo klein mit Hut werden, dass er uns so etwas antut (so gerne ich Schuhe im wirklichen Leben aber sonst mag!). Mit drückenden Schuhen, behosenden Hosen oder besockenden Socken habe ich nichts am Hut. (Am ehesten noch mit dem Tuch. Gut getucht zu sein ist ganz ok.)
Der Hut ist sehr treu, denn er begegnet mir mit schöner Regelmässigkeit. Jede einzelne Kolumne muss ich mir stets aus dem Hut zaubern. Statt eines Kaninchens wie im Zirkus kommt dann Hokuspokus ein halbwegs brauchbarer Text dabei heraus, der Euch, liebe LeserInnen, im besten Fall ein bisschen verzaubert.
Immer wieder plagt mich allerdings eine Schreibblockade. Die Ideen wollen nicht wirklich kommen. Da lupft es mir dann schon mal den Hut, reisst mir die Hutschnur. Ausser schlechter Laune habe ich hiervon aber nichts, die Ideen finden dadurch auch nicht unbedingt den Weg.
Daher ziehe ich den Hut vor allen, die ihr tägliches Brot mit Kreativität verdienen MÜSSEN. Immer einfallsreich, originell, witzig, möglichst schlau und einzigartig hierbei zu sein, ist nicht einfach. Wem das gelingt, dem rufe ich zu: Chapeau!
Und uns allen wünsche ich von ganzem Herzen, stets gut behütet unterwegs zu sein.
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