CocoCarelle

‹ Zurück

(August 2024)

 

Wir leben zum grossen Glück in einem Rechtsstaat. Gesetze setzen unserem Handeln klare Grenzen und geben uns auch Sicherheit vor Unrecht durch Willkür sowie die Möglichkeit, uns juristisch zu wehren. Die ältesten mir bekannten Gesetze sind die 10 Gebote. (Das elfte Gebot ist noch nicht veröffentlicht, ist aber dennoch empfehlenswert und lautet: Du sollst dich nicht erwischen lassen).
Heute betrachte ich das 8. Gebot mal etwas genauer. Locker übersetzt mahnt es: Du sollst nicht lügen. Genau heisst es jedoch: „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten“. Das bedeutet: Du darfst mit Deiner Unwahrheit niemandem schaden.

 

Trotz der ganz klar verbotenen Lüge hat der liebe Gott freundlicherweise eine kleine Gesetzeslücke gelassen, in der die Notlüge ihren Platz findet. Die Notlüge wird sozusagen aus der Not heraus geadelt. Die Not kann bei mir oder auch beim anderen liegen. Ich möchte mit der ganzen Wahrheit niemanden verletzen, möchte aber auch selber nicht immer unbedingt alles ganz genau wissen. Die Notlüge wirkt wie ein sozialer Weichspüler auf Mikroebene. Allerdings nur hier. Denn ehrlich währt grundsätzlich und bekanntlich am längsten. Auf der ganz grossen Bühne ist die Wahrheit, so finde ich, nach wie vor das Nonplusultra.

 

Die kleine Bühne ist ein anderer Spielort. Und da tummeln wir uns alle. Je nach Bedürfnis wird geflunkert:
🤥 Das tatsächliche Alter wird unter Umständen ein kleines bisschen abgerundet.
🤥 Dafür werden das Gehalt, die eigene Wichtigkeit ein bisschen aufgerundet.
🤥 Als Ausgleich hierfür reduzieren wir flugs das wahre Körpergewicht, die Kleidergrösse etwas nach
      unten
🤥 Die Party, auf die ich so gar keine Lust habe, sage ich unter dem Vorwand einer plötzlichen
      Krankheit ab.
🤥 Generell wollen wir uns nicht immer so gerne die ganze Wahrheit eingestehen. Denn das ist
      durchaus unbequem.

 

Eine weitere menschliche Nebenstrasse der kleinen Lügen sind die verborgenen Heimlichkeiten, die absolut nicht verboten sind und die jede und jeder von uns sicherlich immer wieder mal begeht, die aber niemanden ausser uns selber etwas angehen. Wer uns dabei erwischt, hat so etwas wie den Blick wie durchs Schlüsselloch, und der ist unerwünscht.
😏 Wer gibt schon offen zu, immer wieder mal heimlich zu pupsen (wenn auch nachweislich
      natürlich, gesund und wohltuend!)?
😏 Und auch beim Popeln möchten wir nicht unbedingt erwischt werden.
😏 Wer hat noch niemals z.B. beim Ausfüllen der Steuererklärung ein miniklitzekleines bisschen
      beschissen? (Das ist, glaube ich, auch natürlich und wohltuend.)
😏 Wer hat noch niemals einen blöden Schwachsinn im TV geschaut, irgend einen Mist gegessen,
      getrunken, geraucht, gelesen, gedacht - obwohl wir viel lieber öko, intellektuell und clean sein
      möchten?

 

Irgendwann bin ich mal in einer Grossstadt mit der U-Bahn gefahren. Mir gegenüber sass ein Typ, zugegebenermassen etwas verwahrlost. Dennoch hat er sorgfältig Pediküre betrieben und sich unterirdisch zwischen Hauptbahnhof und Rathausplatz ungeniert die Zehennägel geschnitten. Das hätte er gerne verborgen tun dürfen. Auch wenn Nägel schneiden gar nicht verboten oder unanständig ist - irgendwo gibt es auch im Kleinen Grenzen. Die Pflege der Zehennägel steht aber leider nicht in den oben erwähnten Geboten oder gar im Strafgesetzbuch.

Mal ehrlich: Auch bei der Ehrlichkeit kommt es auf den richtigen Moment, die entsprechende  Situation, das jeweilige Gegenüber an. Aber bei all den kleinen Unwahrheiten sowie Heimlichkeiten darf es niemals unheimlich werden.

 

So. Ich habe wie immer keinerlei Heimlichkeiten vor Euch. Jetzt wisst Ihr wieder mal, was ich so denke. Und ich bin dabei immer ehrlich. Mal mehr und mal weniger….