CocoCarelle

Interessierte Leserinnen und Leser wie Ihr sind die wertvollste Motivation für mich zu schreiben.

Meine Werkzeuge sind die leichte Feder sowie der scharfe Blick fürs Unwesentliche. Ich nehme das Leben nicht auf die leichte Schulter, aber sehr gerne auf die Schippe. Bei mir gibts garantiert keine Schmink- oder Diättipps. Ich mags naturbelassen, echt und ehrlich.

Schwebt mit mir durchs Leben - ganz ungeschminkt und luftig leicht.

 

 

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(April 2022)

 

Der Mensch hat in seiner Grundausstattung fünf Sinne: Riechen, Schmecken, Sehen, Hören und Fühlen.

Die meisten von uns haben als Gratis-Aktion einen sechsten Sinn dazubekommen: Den Orientierungssinn. Diese Kombination aus Sehen, Denken und Pfadfindertalent ist sehr hilfreich und wertvoll. Leider ist dieser Kelch an mir komplett vorbeigegangen, obwohl ich durchaus der Meinung bin, dass ich sowohl sehen als auch denken kann.

 

Jeder mir neue Ort bedeutet für mich die pure Ungewissheit, ob ich auch zur rechten Zeit am rechten Ort ankomme und nicht verloren gehe. Hierbei ist es ganz egal, ob es sich um ein fremdes Haus, eine Grünanlage, ein Shoppingcenter oder um eine Klein- oder Millionenstadt handelt. Ein grosszügiger Zeitplan ist also stets unabdingbar, um genügend Reserve bereitzuhalten, sollte ich wieder einmal vom rechten Weg abkommen.
Immer nur geradeaus wäre für mich ideal. Denn nach spätestens zwei mal Abbiegen lande ich im totalen Nirgendwo. Wo komme ich her? Wo bin ich jetzt? Wo will ich hin? Fragen über Fragen. Mein Adrenalinpegel steigt.

An einem fremden Ort habe ich auch schon so manche unfreiwillige Stadtrundfahrt unternommen, weil ich im falschen Bus oder Tram gelandet war.

Zu Fuss bin ich immer froh, wenn mir ein berühmter Wolkenkratzer, Fernsehturm oder sonstiger standhafter Orientierungspunkt unermüdlich die richtige Richtung weist. Oder wenn mich jemand an die Hand nimmt.

 

Die moderne Technik ist meine Erlösung. Das Navigationssystem im Auto und Smartphone ist für mich eine Errungenschaft, die ich nie mehr missen möchte. Im Grossen und Ganzen bin ich also gerettet.
Tücken im Alltag gibt es aber immer noch genug. Nicht nur einmal habe ich Parkhäuser bis in den letzten Winkel durchwandert, um das Auto wiederzufinden. Ganz schlimm sind auch grosse Einkaufszentren, aus denen viele Zugänge in die Parketagen führen. Meine Parkgebühren sind stets höher als notwendig, denn ich parke und suche. Im ungünstigsten Fall suche ich länger, als die eigentliche Parkzeit betragen würde.


Während eines Zwischenstopps an einem grossen Flughafen wollte ich eigentlich nur kurz in den nächsten Waschraum, um mir die Zähne zu putzen. Der Rückweg glich einer Bruchlandung. Überall sahen die Wartezonen, Cafébars und Lounges gleich aus. Ich war kurz davor, mich selber ausrufen zu lassen, damit meine Familie die kleine Coco am Infocenter wieder abholen kann. Ich war derart durchgeschwitzt, dass nach dem Zähneputzen eine Dusche absolut notwendig gewesen wäre.

Ferien an einem neuen Ort sind für mich leider auch nur eingeschränkt erholsam. Die Hälfte der Zeit bin ich ratlos unterwegs und lege hierbei viele Kilometer zurück, um die nächste Toilette, das Restaurant, das Zimmer oder meine Familie wiederzufinden. Auch beim Verlassen des Hotelzimmers gehe ich garantiert erst einmal in die falsche Richtung zum Treppenhaus oder Lift. Nach zwei Wochen in einer grosszügigen Hotelanlage bin ich fix und fertig. So viele Gelegenheiten zum Verlaufen hat man nicht alle Tage. Um so schöner ist es, wenn ich dann wieder zu Hause bin, denn hier finde ich mich relativ bald wieder halbwegs zurecht.

 

Ein echter Lichtblick ist übrigens der Kreisverkehr. Er scheint eigens für mich erfunden worden zu sein. Hier kann ich stressfrei und unermüdlich meine Runden drehen und mir ganz in Ruhe überlegen, welche Ausfahrt wohl die beste ist. Glücklicherweise behindere ich während meiner Strassenkarussellfahrt niemanden, und mir wird dabei auch nur ganz selten schlecht dabei.

Mein armer Ehemann musste schon so manches Mal in meinen Texten den Kopf hinhalten. Heute gilt ihm aber ein uneingeschränktes Halleluja. Denn er streckt jeweils seine hübsche Nase in den Wind und weiss dann immer genau, wo es lang geht. Daher folge ich ihm immer dankbar und brav bei Fuss. Emanzipatorisch betrachtet ist das natürlich eine totale Fehlleistung von mir.


In diesem Leben wird es mir vermutlich aber nicht mehr gelingen, diese Schwäche zu beheben. Möglicherweise im nächsten Leben. Vielleicht komme ich dann sogar direkt als Kompass auf die Welt? Finde ich zuvor überhaupt den Weg ins Jenseits? Nicht auszudenken, versehentlich womöglich in der Hölle zu landen...
Bis dahin drehe ich meine Kreisverkehrrunden unermüdlich weiter, lasse mich führen und versuche, während meiner Irrläufe die Ruhe zu bewahren. Solltet Ihr einmal ein hilflos dreinschauendes Etwas, ähnlich einem aufgescheuchtes Huhn sehen, dann bin das ganz sicher ich. Danke, wenn Ihr mir dann aus der Misere heraushelft! Ich werde Euch blind und widerspruchslos folgen.