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(Winter 2020: Im zweiten Lockdown. Es ist ätzend langweilig, Corona nervt uns alle)
HILFE! Ich erlebe nichts. Also fast nichts. Und von Nichts kommt nichts. Worüber soll ich also schreiben?? Nichts gibt nicht viel her, bietet mir quasi nichts zur Ideenfindung. Ich möchte aber nicht als Nichtstuerin rüberkommen. Was sollt Ihr denn dann von mir denken?
Ich möchte mein Bestes geben. Aktuell ist das aber leichter gesagt als getan. Das grosse Nichts bestimmt unseren Alltag. Es ist tatsächlich nicht so, dass wir nichts täten. Aber vieles können wir dennoch nicht tun, obwohl wir das so gerne täten.
Das Homeoffice ermöglicht es vielen, weiterhin ihrem Arbeitsalltag nachzukommen, wenn auch unter völlig neuen Umständen: Mit nörgelnden Kindern im Hintergrund, mit dem Gefühl eines Eremiten in der Abgeschiedenheit, in der mittlerweile berühmt-berüchtigten Jogginghose oder sogar sehr kühn und luftig ganz ohne Hose.
Die Haare werden noch täglich gewaschen, die Füsse allerdings nicht unbedingt. Die sieht und riecht man schliesslich nicht über Zoom. Der Alltag wird zweckmässig und bequem gestaltet. Es hat alles seine Vorteile. Oder auch Nachteile. Je nachdem.
Das gewohnte soziale Leben muss irgendwie ersetzt werden. Dank moderner Medien wie WhatsApp, FaceTime, Zoom oder Internettelefonie ist unserem Kommunikationsbedürfnis erst einmal keine wirkliche Grenze gesetzt. Mein Sohn im Ausland ist so gut wie zum Greifen nah. Auf Dauer stelle ich aber fest, dass ich körperliche Wärme, Gerüche sowie die Berührung ganz dringend brauche. Über das Display zu streicheln ist leider nicht so weich wie über den realen Haarschopf.
Auch meine Freunde fehlen mir. Natürlich weiss ich, dass es ihnen nicht viel anders ergeht als mir. Dennoch fühle ich mich immer wieder als übriggebliebene Restmasse, die irgendwie vor sich hinlebt, während sich die Welt an mir vorbei dreht.
Einkaufen gestaltet sich daher zu einem Highlight. Der Supermarkt kommt mir beinahe vor wie ein Lusttempel. Hier findet aktuell die meiste Geselligkeit statt. So begegnet man wenigstens der Kassiererin, die man seit Jahren vom Sehen her kennt. Mit viel Glück stösst man vor dem Kühlregal auf ein befreundetes Paar, welches privat zu treffen verboten ist. Das Gespräch vor Bratwurst und Hackfleisch nimmt beinahe konspirative Züge an. Dieses Treffen privat wäre absolut illegal und gefährlich und endete im schlimmsten Fall womöglich tödlich, auch wenn man ein absolut unbewaffneter und friedlicher Mitbürger ist. Zwischen Karotten, Käse und Kühlkost findet man also quasi den geselligen Ersatz für die Kneipe um die Ecke.
Figürlich gibt es drei Möglichkeiten:
Entweder man bleibt in derselben Form wie seit Jahren, da die Ess- und Alkoholdisziplin fest eingefleischt ist.
Oder der pandemiegeplagte Bürger entdeckt das Frustfuttern, womöglich auch, weil er auf einmal so phantasievoll und köstlich kocht wie noch nie zuvor.
Oder man gehört der neuen Fitnessfraktion an, die sämtliche Hantelgewichte, Therabänder, Yogamatten sowie Schneeschuhe aufgekauft hat, um parallel zum Homeoffice auch Homefitness zu betreiben und dann gestählt wie eine Mischung aus Popeye und Arnold Schwarzenegger aus der Pandemie heraustreten zu können. Eine neue Gattung entsteht - der Coronator.
Ich selber versuche mittels Yoga diesem neuen Typus ähnlich zu werden. Mein Sohn formt seinen Körper mit Hanteln und Eigengewicht. Mein Mann schaut uns dabei zu oder liegt für ein kleines Schläfchen auf der Yogamatte, in der Hoffnung, dass unsere sportlichen Energieströme seinen Körper auch passiv in Bestform bringen. Noch sehe ich bei ihm aber so gut wie nichts an neuer Muskelmasse. Das ist nicht viel.
Die Erlebnisse im Alltag, die ich in meinen Texten verarbeiten kann, sind aktuell wirklich nahe an nichts. Das Futter für mein hungriges Gehirn ist sehr sparsam rationiert. Aber wenigstens gibt’s ein ganz kleines bisschen. Das ist besser als nichts. Wie dankbar ich mittlerweile für sehr wenig bin!
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