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(April 2024)
Mit einer tollen Frau, die ich ursprünglich aus beruflichen Gründen kenne, hat sich mittlerweile eine freundschaftliche Beziehung entwickelt. Unser Kontakt findet unregelmässig, aber dann intensiv statt. Wir freuen uns immer, wenn das Notwendige abgearbeitet ist und wir endlich zum wirklich Wichtigen, nämlich zum Eingemachten übergehen können.
Ich wusste längst die Basics ihres Lebens, wo und wie sie wohnte, welchen Hobbies sie frönte, was sie gerne und weniger gerne ass und trank, dass sie Kinder hat, mittlerweile aber geschieden war und in einer neuen Partnerschaft lebte. Soweit so unspektakulär und normal. Schliesslich wird jede 2. bis 3. Ehe geschieden, und oft treten neue Partner ins Leben.
Irgendwann wollte ich mal wissen, wie alt ihr Freund denn sei. „Oh, das sage ich dir nicht“, antwortete sie, sichtlich ein bisschen auf dem falschen Fuss erwischt. Sie klang grad so, als ob der Mann an einer ansteckenden Krankheit leiden würde, hässlich, vorbestraft oder sonst irgendwie nicht gesellschaftsfähig wäre. Wie in einem Ratequiz tastete ich mich der Wahrheit Schritt für Schritt vorsichtig näher. Er war ein kleines bisschen jünger. Aha. Er war ein kleines bisschen mehr jünger, als ich dachte: Oha! Er war deutlich jünger, nämlich 18 Jahre! NEIN!!!
Eine Konstellation wie diese hat in der modernen Gesellschaft noch immer nicht richtig Fuss gefasst. Nach wie vor geistern in den Köpfen feste Vorstellungen herum.
1. Der Mann sollte grösser (in cm) sein, denn Frau möchte sich geborgen und beschützt fühlen.
2. Er sollte nicht ungebildeter als die Frau selber sein, denn schliesslich möchte sie aufschauen können. (Umgekehrt dagegen scheint ganz ok zu sein. Der Spruch „Männer können besser gucken als denken“ hält sich schon lange.)
3. Auch sollte der Mann älter sein. Schliesslich ist er dann bereits besser situiert und finanziell entsprechend ausgestattet. Auch der Reifegrad scheint so angeglichener zu sein, denn dieser Entwicklungsprozess dauert bei männlichen Wesen bekanntlich meist etwas länger.
4. Last but not least ist der Mann ein genetisch programmierter Jäger und (Trophäen-)sammler. Dafür braucht’s ein jüngeres Reh als gelungenen Kontrast zum brunftigen Hirsch. Sein Sexualtrieb passt auch besser zu einem jüngeren Semester.
Diese althergebrachten Regeln halten sich mehrheitlich bis heute. Besonders interessant finde ich das in den Fällen, wo deutlich gealterte Männer im zweiten oder dritten Anlauf sehr selbstverständlich - natürlich mit einer viel jüngeren Frau - erneut Nachwuchs in die Welt gestellt haben. Die Biologie macht’s möglich, sie macht die Gesetze. Sie zieht bei älteren Frauen automatisch die Fortpflanzungs- Reissleine (jüngeres Alter = unabdingbar), bei älteren Männern nicht so rabiat (älteres Alter = scheinbar unerheblich). Die Wissenschaft weiss aber inzwischen, dass Männer ab 50 keineswegs nur astrein frisches Saatgut liefern. Autismusstörungen, verminderter IQ oder Schizophrenie treten bei ihrem Nachwuchs häufiger auf. Sogar Frühgeburten oder Betreuung des Neugeborenen auf der Intensivstation nach der Geburt nehmen ab dem väterlichen Alter von 50 Jahren auffallend zu.
Und für die hoffentlich gesunden Kinder der späten Wiederholungstäter…äh sorry….Wiederholungsväter kann es zudem belastend sein, wenn der Papa versehentlich für den Opa gehalten wird.
Aus aktuellem Anlass mit meiner eingangs erwähnten Kollegin frage ich mich: Wo bleibt der Stolz der Frauen, auch mal ganz locker entgegen gesellschaftlicher Normen zu leben, ohne Scham und ohne Geheimhaltung? Das scheint nach wie vor nicht einfach zu sein. Aber eine ältere Partnerin kann ebenso gut situiert sein wie ein Mann, und ein jüngerer Mann kann passend reif sein. Der Sexualtrieb muss kein zwingendes Ausschlusskriterium sein, denn der ist nicht immer stereotyp bei Mann und Frau einprogrammiert. Einziger Knackpunkt ist und bleibt die Kinderfrage. Diese Aspekte kann das Paar aber sicher besser beurteilen als die Gesellschaft. Wo die Liebe hinfällt….
Die Frische machts. Das betrifft sowohl die Qualität von Saatgut als auch den frischen Wind, der mit verschiedenen Lebensmodellen durch die Gesellschaft wehen darf. Diese frische Luft zu atmen, sollte uns allen gut tun.
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