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(Oktober 2023)
Logischerweise habe ich als Autorin eine gewisse Affinität zur Sprache. Die Sprache findet ihren Ausdruck durch Laute, also artikulierte Buchstaben. Buchstaben sind meine Lieblingsformationen. Sie sind wohlgeformt, mal gerade, mal eckig oder kurvig und muten manchmal beinahe akrobatisch an. (Windet Ihr Euch doch mal so wie ein S oder ein R!)
Durch sie findet der Tanz der Sprache statt. Mal geraten die Buchstaben wie feurige Tangotänzer über das Papier, mal wie geschmeidige Walzerdrehungen. Hier finde ich mein Feld, in dem ich mich tummeln und suhlen kann. Wie ein Schweinchen im Schlamm. Und schon grunze ich wohlig beim Schreiben dieser Kolumne.
Wie ist es denn bei Euch? Seid Ihr eher Buchstabentiger oder Zahlenhengst? Bevorzugt Ihr Kreuzworträtsel oder Sudoku? Wärt Ihr lieber Literaturkritikerin oder Controller? Dichter oder Mathematikerin? Vergeistigter Kopf oder Logikerin? Verspinnert verwinkelt oder nüchtern geradeaus?
Ich gehöre jeweils zur ersten Sorte. Spinnen tue ich auf alle Fälle. Leider bringen Typen wie ich die Welt nicht so voran wie Physiker oder Ingenieurinnen. Das ist total schade, denn ich habe so dermassen gute Ideen, die sich aber nicht in logischen Formeln zusammenfassen lassen. Meine Denkkonstrukte entsprechen in etwa einem Labyrinth mit vielen Extra-Ecken und verwinkelten Seitengassen, welches Aussenstehende staunen lässt. Damit gewinne ich aber weder einen Blumentopf noch einen Forschungspreis.
Ich lese lieber ein Buch als eine Bilanz. Und ich denke lieber über Sonstiges nach, als dass ich irgendetwas ausrechne. Dafür habe ich mit Hilfe von vielen Kreuzworträtseln meine Allgemeinbildung deutlich erweitern können. Ich kenne jetzt viele Flüsse mit drei Buchstaben, alte Gottheiten, verstorbene Künstler und Komponisten, Synonyme aller Art sowie vieles Relevante mehr.
In Mathe war ich immer miserabel. Ich habe jeweils gerade mal das Notwendigste für eine halbwegs passable Note geschafft, mit viel Schweiss und Tränen. Bis heute reagiere ich mit somatischen Beschwerden wie Übelkeit Schwindel und grünen Punkten im Gesicht, wenn ich komplizierte Formeln mit mir rätselhaften Zeichen sehe. Ich bin so etwas wie allergisch.
Ein „S“ finde ich viel hübscher als eine „5“. Es ist runder, geschmeidiger, weniger kantig, schmeichelnder. Mehr sexy. Das „O“ gefällt mir auch viel besser als die „0“. Wenn jemand „O(h)“ zu mir sagt, ist das viel angenehmer, als wenn mich jemand als 0 bezeichnet.
Bei xy2 + 12x3 : 21 - (5;-x) x 3n2-1 falle ich bald ins Koma. Stress2 x Frust3 bedeutet das für mich. Ich beginne zunächst zu hyperventilieren, der Puls steigt, meine Atmung wird schneller, bis sie dann ziemlich schnell flacher wird und schlussendlich vollends aussetzt. Ich lande auf der Intensivstation. Anstatt mathematische Wurzeln zu ziehen, lasse ich mir lieber nach einer Wurzelbehandlung den ganzen Zahn ziehen.
Und alle diese Umstände bloss wegen so ein paar blöden Zahlen und Zeichen?
Nein!
Daher habe ich mich für die Buchstabenfraktion entschieden. Übrigens nicht nur schriftlich, sondern auch gerne mündlich. Ich liebe nicht nur Bücher, Kolumnen, Zeitungen und Theater, sondern ganz besonders auch Gespräche, vis à vis oder auch telefonisch. Ich mag den verbindlichen Austausch, gerne mit Tiefgang, Vielfalt, gutem Humor und Lachtränen.
So etwas finde ich in der Zahlenwelt nicht. Oder habt Ihr schon mal, über eine Gleichung oder einen mathematischen Beweis gebeugt, das Gefühl von Nähe empfunden? Oder Euch beim Studieren einer Bilanz oder Kalkulation halb totgelacht? Also ich nicht.
(Am ehesten dürfte das meinem damaligen Mathelehrer zuteil geworden sein, wenn er meine mit viel Phantasie fehlerreich gestalteten Arbeiten korrigieren durfte….)
Meine Affinität zur Sprache hat mal wieder zu einem Beitrag geführt, bei der ich mir wünsche, mit Euch einen gemeinsamen Nenner gefunden habe. Hoffentlich habe ich mich hierbei nicht verrechnet…..
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